Blüten mit Blitz
Sommerzeit – die ideale Zeit um Blüten zu fotografieren. Aber was tun, wenn man kein Foto wie jedes andere haben will? Man packt den externen Blitz aus und macht so den Tag zur Nacht – und die Blüten zum Feuerwerk…
Motivsuche im Garten
Wir wohnen, von Gärten umgeben, in einem Hinterhaus, so dass sich hier ab dem Frühling eine ständig wechselnde Fülle an Fotomotiven bietet. Um nicht immer wieder dasselbe Foto zu machen stellt sich irgendwann die Frage, wie man eine Pflanze am besten in Szene setzt.
Am naheliegendsten ist dafür die Verwendung eines Tele- oder Makro-Objektivs. Damit bekommt man ein einzelne Blüte mit all ihren Details ins Bild, während die Umgebung in weicher Unschärfe verschwimmt.
Ich wollte jedoch noch einen Schritt weiter gehen, und den Hintergrund komplett im Schwarz verschwinden lassen. Die Idee war, die Blüte ganz für sich, wie im Nichts schwebend, darzustellen.
Geeignete Motive mit freistehenden Blüten waren schnell gefunden: Hortensien, Hibiscus, Rosen und andere Stauden in allen Farben und Größen boten sich an.
Spielereien mit Blitz
Mit externen Blitzen kann man viele interessante Sachen machen – viel mehr, als nur einen dunklen Raum aufzuhellen. Mit den richtigen Einstellungen kann man auch das genaue Gegenteil erreichen. Der Trick dabei ist, dass Blitze sehr hell sind – ein vielfaches heller als das Tageslicht – aber das nur für einen sehr kurzen Moment.
“Wie bekommt man jeden Hintergrund schwarz” von Stephan Wiesner (YouTube-Link) gehört zu den ersten Fotografie-Tutorials, die ich mir angeschaut habe. Vom Prinzip her stellt man die Kamera so ein – kurze Belichtungszeit, kleine Blendenöffnung, niedrigster ISO-Wert – dass praktisch kein Tageslicht mehr auf den Sensor fällt: ein so aufgenommenes Foto bleibt komplett dunkel. Und dann stellt man den Blitz so ein, dass man eben doch wieder was sieht – aber nur das, was vom Blitz angeleuchtet wird.
Da ich die Fotos an einem sonnigen Nachmittag gemacht habe, waren die Einstellungen entsprechend extrem: bei Blende ƒ/8 und ISO 100 musste ich mit der Belichtungszeit bis auf 1/4.000 Sekunde herunter bis der Hintergrund dunkel genug war. Somit wurde dem Blitz im High-Speed Modus einiges abverlangt, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Wichtig war hier auch, dass der externe Blitz nicht auf der Kamera montiert war. Ich habe ihn in der linken Hand gehalten und per Funksender ausgelöst, so dass ich ihn frei positionieren konnte. Die Kamera mit dem Makro-Objektiv allein mit der rechten Hand zu halten war zwar wackelig, spielte aber bei einer Viertausendstel Sekunde Belichtungszeit keine Rolle.
Blüte ist nicht gleich Blüte
Wirklich überrascht hat mich bei dieser Foto-Session, wie unterschiedlich die verschiedenen Blüten wirken, wenn man die Lichtverhältnisse dermaßen auf den Kopf stellt. Vor allem zeigte sich auch schnell, dass die Idee nicht bei jeder Blüte funktionierte. Einige warfen durch komplexe Formen zu viele Schatten auf sich selbst; bei anderen war zu viel Blattwerk in der direkten Umgebung, was der Blitz natürlich mit anleuchte. Ich wollte die Blüte jedoch allein mit dem Blitz im Bild isolieren, und nicht mit der Astschere. Auch zu große Blüten waren hier nicht geeignet, da die Beleuchtung zu unregelmäßig wurde.
Bei Hortensie und Hibiscus stellten sich dann die ersten Erfolge ein, nachdem ich durch Ausprobieren nach und nach die richtigen Einstellungen für die Blitzstärke und den Abstand zwischen Blitz und Kamera herausgefunden hatte. Der große Wow-Effekt kam schließlich an der Mimose, deren einzigartige Blüten im Blitzlicht eine ganze besondere Wirkung entfalten…
Das Ergebnis
Weniger wie eine Baumblüte, mehr wie eine Anemone unter Wasser: die feinen Blütenhaare leiten das Blitzlicht weiter wie Glasfasern, so dass die Blüte von innen heraus zu leuchten scheint. Mit diesem erstaunlichen Effekt schaffte es die Mimose im Blitzlicht auf das Mai-Blatt meines 2020er Kalenders.