Nacht & Licht

Feuer & Flamme

Kann man eine Flamme einfrieren? Diese Frage, die physikalisch betrachtet wenig Sinn ergibt, lässt sich fotografisch durchaus beantworten. An einem Abend im Advent entstand die Idee, den Moment einzufangen wenn ein Streichholz entzündet wird. Leichter gesagt als getan…

Streichholz und Flamme, Rauch und Blitz

Die Idee war da, als nächstes kam die Frage nach der Umsetzung. Erste Versuche mit einem klassisch an der Schachtel angerissenem Streichholz waren, man möchte sagen erwartungsgemäß, enttäuschend. Aufgrund der starken Bewegung waren auf den Bildern oft nur gelb-orange Schlieren und Kleckse zu sehen. Das Ganze erforderte also etwas mehr Vorbereitung.

Kamera und Blitz Setup für Streichholzfotografie
Kamera und Blitz Setup für Streichholzfotografie

Erste Ansätze fand ich schließlich in einem YouTube-Video. Mit einer eigentlich zum Halten von Fotohintergründen gedachten Klemme an einem Galgenstativ konnte ich das Streichholz vor der Kamera exakt in Position bringen. Vor allem konnte ich nun den manuellen Fokus verwenden, um das Objektiv vor der Aufnahme scharf zu stellen, denn der Autofokus kommt mit der flackernden Flamme nicht zurecht. Um das Streichholz anzuzünden hielt ich eine brennende Kerze einige Zentimeter darunter.

Ein schwarzer Fotokarton diente als Hintergrund. Mit dem 90mm Makro-Objektiv waren die Abstände bald so gefunden, dass der Hintergrund nicht mehr von der Flamme angeleuchtet wurde und weitere Gegenstände aus dem Foto-Regal halfen dabei, das Umgebungslicht zu reduzieren. Nach einigem Ausprobieren war ich mit den Einstellungen ISO 200, Blende ƒ/8 und 1/200 Sekunde Belichtungszeit zufrieden. Die Flamme war korrekt belichtet und gleichzeitig blieb der Hintergrund komplett schwarz.

Nur mit dem Rauch war ich nicht glücklich. Dieser war nur wenig zu sehen, und während die leichte Bewegungsunschärfe bei der Flamme kaum störte, ließ sie den Rauch verwaschen aussehen. Wieder half das Internet weiter: für beide Probleme war ein externer Blitze die Lösung. Damit ließ sich der Rauch von hinten anleuchten, wodurch er im Bild schön zur Geltung kommt. Noch wichtiger war die Tatsache, dass es ausreichte, den Blitz auf niedrigster Leistungsstufe (1/128) zu verwenden. Bei dieser Einstellung beträgt die Abbrenndauer gerade mal eine 20.000stel Sekunde – so wird der Rauch gestochen scharf eingefroren! Ein zweiter Blitz von schräg vorne verstärkte den Effekt und beleuchtete das Streichholz selbst, so dass es im Bild gut zu sehen war. Zudem kann der Blitz auf 1/128 Leistung mit dem Serienbildmodus der Kamera Schritt halten, so dass ich von jedem Streichholz eine ganze Reihe Fotos machen konnte.

Nachdem alles richtig eingestellt war, etablierte sich schnell ein Rhythmus: Kerze unter das Streichholz halten – sobald das Streichholz zündete, per Kabel-Fernbedienung eine Bilderserie aufnehmen – Streichholz auspusten – noch eine Bilderreihe aufnehmen. Nach gut 30 Hölzern hatte ich mehrere hundert Bilder zur Auswahl – das sollte erstmal reichen. Zeit, ordentlich die Wohnung zu Lüften.

Nachbearbeitung

Photoshop-Spielerei mit Rauchbildern
Photoshop-Spielerei mit Rauchbildern

Nachdem die ganze Ausrüstung verstaut war, ging es an den Computer. Bei der Sichtung der Bilder erstaunte mich am meisten, welche Muster sich im Rauch zeigten. Mal waren es Ringe, mal ineinander verschachtelte Wirbel, und mal komplexe Muster, die an einen Rorschach-Test erinnerten. Wer sieht bei den Fotos unten auch ein tanzendes Einhorn?

Die wesentlichen Schritte in der Nachbearbeitung bestanden darin, den Kontrast zu erhöhen und den Hintergrund auf 100% schwarz zu setzen. Ich habe die Sättigung erhöht, damit das Blau des Rauches sowie die Farben der Flamme besser zur Geltung kommen. Und ich habe kräftig nachgeschärft – mit meinem heutigen Blick definitiv zu viel. Manchmal ist weniger eben mehr, aber man lernt ja auch dazu. Diese Fotos wurden vor über drei Jahren aufgenommen.

Man kann es natürlich auch gezielt übertreiben und so ganz andere, künstlerische Effekte erzeugen. Wählt man nur den Rauch aus, ohne das Streichholz, und invertiert das Bild, so wird der schwarze Hintergrund weiß und der helle Rauch dunkel. Färbt man das Ergebnis dann noch bunt ein, entstehen abstrakte Gebilde mit einer ganz eigenen Wirkung. Dieser Regenbogen aus Rauch hängt auf Leinwand gedruckt zu Hause an der Wand.

Das Ergebnis

Übrig geblieben sind eine Reihe von Fotos mit überraschenden Strukturen und Mustern – in der Bewegung eingefrorene Flammen und Rauch. Vor allem das erste Foto in der Reihe gehört zu meinen Favoriten. Es hat es nicht nur als November-Blatt in meinen 2018er Kalender geschafft, sondern hängt inzwischen auch im Format 80x120cm auf Aluminium gedruckt bei einer guten Freundin im Wohnzimmer.

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