Bonbon-Himmel
Es gibt Bilder, bei denen das Endergebnis die eigenen Erwartungen bei Weitem übertrifft. Dieser Sonnenuntergang in Atlanta ist genau so ein Beispiel. Während Stadt und Himmel schon mit bloßem Auge ein einprägsames Farbspiel boten, liefert das fertige Foto mit wenigen Handgriffen in der Nachbearbeitung seine ganze eigene Ästhetik.
Atlanta im September
Es gab eine Zeit, vor Corona, da hatte ich die großartige Möglichkeit, jedes Jahr zweimal beruflich in die USA zu fliegen. Die rund einwöchigen Meetings boten neben einer Menge Arbeit immer auch die Gelegenheit, zahlreiche Freunde und Familie im Osten der Staaten zu besuchen. Zudem fand sich immer Zeit für den einen oder anderen Ausflug.
Die (vorerst) letzte dieser Reisen führte mich im September 2019 nach Atlanta. Die Stadt kannte ich bislang nur von der Durchreise, doch dieses Mal war ich für fünf Tage dort. Da ich die freien Abende zum Fotografieren nutzen wollte, hatte ich mich bereits im Vorfeld im Internet nach geeigneten Foto-Standpunkten umgeschaut.
Am reizvollsten erschien mir dabei die Jackson Street Bridge (hier auf Google Maps). Zum einen war sie nur rund eine halbe Stunde zu Fuß vom Hotel entfernt. Wichtiger aber noch, ein Blick auf “The Photographer’s Ephemeris” verriet mir, dass die Sonne Mitte September, von der Brücke aus gesehen, genau hinter der Skyline von Atlanta untergeht. Somit fehlte nur noch etwas Glück mit dem Wetter.
Es bleiben mehr als Bilder
Rund eine dreiviertel Stunde vor Sonnenuntergang war ich schließlich auf der Jackson Street Bridge. Es war ein sonniger Tag mit nur wenigen Wolken, aber hoher Luftfeuchtigkeit, so dass es leicht diesig war. Schon früh versprach der Himmel, bunt zu werden. Zuerst war ich noch allein auf der Brücke, doch schnell versammelten sich dort mehr und mehr Leute auf der Jagd nach schönen Fotos.
Neben vielen Leuten, die einfach mit ihren Handies Selfies vor der farbenfrohen Kulisse machten, waren auch einige Enthusiasten mit ihren Kameras und Stativen dabei. So ergaben sich schnell nette Gespräche über das Fotografieren, die Ausrüstung, die Kameraeinstellungen und was man sonst noch so macht.
Alles in allem ein sehr netter Abend, so dass von der Brücke über die schönen Bilder hinaus viele nette Erinnerungen bleiben.
Sonnenuntergang mit Skyline
Ich habe mir direkt einen Fotopunkt in der Mitte der Brücke gesichert. Von dort aus hat man einen schönen Blick auf die Interstate I-85, die auf die Skyline im Hintergrund zu führt. Um die ganze Szene einzufangen, habe ich mich bei der Objektivwahl für das Tokina 11-20 mm ƒ/2.8 entschieden, das sich in solchen Situationen schon bewährt hat.
Und tatsächlich ging die Sonne genau in der Mitte der Hochhäuser, exakt in der Verlängerung der Stadtautobahn, unter. Als sie gerade so hinter einer Hausecke verschwand, konnte ich mit auf ƒ/13 geschlossener Blende noch einen Sonnenstern ins Bild zaubern.
Langsam wurde es dunkler und die ersten Lichter der Stadt gingen an. Zeit, den Graufilter auf das Objektiv zu schrauben, um mit langen Belichtungszeiten die Lichtspuren der Autos einzufangen. Dabei habe ich im sich ständig ändernden Licht verschiedenste Kameraeinstellungen ausprobiert, bis es schließlich fast ganz dunkel war und es Zeit wurde, zurück zum Hotel zu Laufen.
Bonbon-Himmel und Lichtspuren
Ich hatte auf dem Kamera-Display schon ein paar Bilder gesehen, die mir gut gefallen haben. Würden die Fotos auf dem Computer genauso gut aussehen? Schon die ersten Eindrücke beim Importieren zeigten ganz klar: ja!
Vor allem die Fotos im Zwielicht am Ende der goldenen Stunde zeigten einen erstaunlichen Effekt: Während die diesige Abendluft im letzten Sonnenlicht noch orange leuchtet, werfen die Hochhäuser dunkle blaue Schatten in den Dunst! Selbst moderates Spielen mit den Reglern in Lightroom, im Wesentlichen Dynamik, Sättigung und Klarheit, verlieh dem Bild schon einen dramatisches Farbspiel. Dieses ist im Foto im Vergleich zur Realität natürlich übertrieben – macht dieses Foto aber auch so besonders.
Die zweite Eigenart in der Aufnahme sind die Lichtspuren der Autos. Mit dem Graufilter vor dem Objektiv konnte ich jeweils zehn Sekunden lang belichten, so dass die Lichter lange Streifen ins Bild malten. Dabei hat es geholfen, die Grünphase der Ampel auf der anderen Seite der Brücke abzupassen. Im fertigen Bild habe ich schließlich in Photoshop die Lichtspuren aus vier verschiedenen Fotos kombiniert, um die Wirkung noch zu verstärken.
Das Ergebnis
Ja, zugegeben: Das fertige Bild ist unfassbar kitschig. Und genau deswegen gefällt es mir so gut.