Andromedagalaxie
Seit unserem Umzug im Sommer haben wir einen fantastischen Sternenhimmel buchstäblich direkt vor der Haustür – die geringe Lichtverschmutzung und die klare Luft im Odenwald machen es möglich. Zeit also, das mal auszunutzen und mit dem Teleobjektiv nach den Sternen zu greifen; genauer gesagt: zur Andromedagalaxie.
Sag mir wie viel Sternlein stehen…
Als 2015 die Reise nach New Mexico anstand, war neben der Albuquerque Balloon Fiesta vor allem auch die Chance den einmaligen Nachthimmel dort zu fotografieren der Anlass, mir eine neue Kamera zu kaufen und mich ernsthaft mit der Fotografie zu beschäftigen. Ich hatte mir speziell dafür ein lichtstarkes Ultra-Weitwinkelobjektiv gekauft und eine weiteres geliehen. Tatsächlich war die Stargazing-Tour damals ein unvergessliches Erlebnis. Neumond und die trockene Luft am Rande der Wüste, hoch oben in den Bergen, boten die perfekten Bedingungen.
Ich hatte mir im Vorfeld viele YouTube-Tutorials angeschaut und daheim auch schon ein wenig probiert. So kam ich mit vielen Bildern wieder nach Hause, die es dann noch nachzubearbeiten galt. Für meine ersten Versuche in der Richtung war ich mit den Ergebnissen, vor allem einem Milchstraßen-Panorama, schon sehr zufrieden. Doch dann entdeckte ich einen Fleck auf dem Bild, der aussah wie ein verschmierter Stern. Zuerst dachte ich an einen Fleck oder Fingerabdruck auf der Linse. Doch dann entdeckte ich denselben “Fleck” auf einem zweiten Bild, das mit dem anderen Objektiv aufgenommen war, wieder. Es musste also eine andere Erklärung geben.
Zum Glück wusste ich noch die ungefähre Richtung, in der ich die Bilder aufgenommen hatte, denn ich hatte mich am Sternbild Cassiopeia orientiert. Und ein wenig Recherche ergab schnell: Das war tatsächlich kein Fleck, sondern die Andromeda Galaxie! Das hat mich in dem Moment total überwältigt, dass man mit so einfachen Mitteln wie einer nichtmal sonderlich teuren Kamera und einem Weitwinkel-Objektiv schon eine Galaxie sehen kann.
Die Andromedagalaxie
Seither hatte ich vor, das irgendwann nochmal besser zu machen. Jedoch machte die Lichtverschmutzung im Rhein-Main-Gebiet sowas nahezu unmöglich. Zudem sollte es noch eine ganze Weile dauern, bis ich auch ein passendes Objektiv zur Hand hatte. Seit wir im Odenwald wohnen, ist das Thema Nachthimmel fotografieren wieder deutlich in den Vordergrund gerückt. Jetzt sind keine stundenlangen Autofahrten mehr nötig um einen dunklen Ort zu finden – aus der Haustür gehen reicht völlig aus. Am Halloween-Abend war es dann soweit: klarer, mondloser Nachthimmel ohne Nebel oder Wolken. Also mit Kamera, lichtstarkem Teleobjektiv und Stativ raus auf die Terrasse.
Mithilfe einer Sternen-App auf dem iPhone dauerte es nur wenige Minuten, bis ich die Andromedagalaxie gefunden und circa in der Bildmitte positioniert hatte. Das Schwierigste, wie immer, war das richtige Fokussieren. Ich habe etliche Testfotos geschossen und mir dann direkt am großen Bildschirm angeschaut um die Schärfe und die Einstellungen zu kontrollieren. Da ich bei 100 mm Brennweite an meiner Kamera nicht länger als 2,5 Sekunden belichten kann, weil die Sterne durch die Erdrotation sonst zu Strichen werden, musste ich trotz Blende ƒ/1.8 noch auf ISO 1.600 gehen, um genügend Licht einzufangen. Vermutlich wäre ISO 3.200 sogar noch besser gewesen. Um das dadurch erzeugte Bildrauchen hinterher wieder loswerden zu können, habe ich 24 Fotos direkt hintereinander aufgenommen.
Die Bilder sehen im ersten Moment noch relativ unterwältigend aus, daher ist einiges an Nachbereitung erforderlich. Der langwierigste Prozess dabei ist, die 24 Einzelfotos in Photoshop von Hand exakt aufeinander auszurichten. Da die Automatik hier versagt, helfen nur der Ebenenmodus “Differenz”, das Freiform-Transformationswerkzeug und viel Geduld. Wenn das geschafft ist, geht es an die Bearbeitung von Kontrasten, Details und Farben. Hierbei orientiere ich mich an dem YouTube-Video “Photographing and Processing the Constellation Orion: Image Stacking and LRGB Processing” von Ian Norman. Gerade bei den Farben hat man natürlich künstlerische Freiheiten, aber ich habe versucht, mich an bekannten Bildern der Andromedagalaxie zu orientieren. Alles in allem habe ich für das fertige Bild rund vier Stunden benötigt.
Das Ergebnis
Ich bin mit meinem ersten “Deep Sky” Foto schon sehr zufrieden, und dem werden sicher noch weitere folgen. Der Orionnebel, um den es in dem oben verlinkten Tutorial geht, steht auch noch auf meiner Liste. Bis dahin wird dieses Bild hier aber erstmal ziemlich sicher das Titelbild für meinen 2022er Kalender.