Technik

Schmieden: Die schwarze Kunst

Ein guter Freund von mir ist traditioneller Schmied in South Carolina und hatte mich gebeten, Fotos von seiner Werkstatt und seiner Arbeit zu machen. Eine Fotogelegenheit, die ich mir auf keinen Fall entgehen lassen konnte.

Die Schmiedewerkstatt

Phils Werkstatt, die auch als PAR Ironworks Institute (PARII) bekannt ist, befindet sich im Hinterhof einer kleinen Stadt nicht weit von Charleston, SC. Ich kenne Phil nun schon seit mehr als zwanzig Jahren. Wir trafen uns bei der Arbeit, wo wir zusammen internationale Projekte betreuen, und aus der gemeinsamen Arbeit wurde bald eine Freundschaft. Ich war schon oft bei ihm zu Hause und in seiner Werkstatt, und ich bin stolzer Besitzer mehrerer handgeschmiedeter Flaschenöffner und Untersetzer, die er hergestellt hat.

PARII ist eine Mischung aus Fundgrube und Zeitmaschine. Es gibt immer eine Fülle von Teilen, Werkzeugen, Maschinen und Projekten in Arbeit. Ich stehe gerne einfach nur da, schaue mir alles an und lasse es auf mich wirken. Mein Vater war gelernter Dreher und hat mir als Kind oft von seiner Arbeit erzählt. Wenn ich in Phils Werkstatt bin, dann weckt das eine Menge Erinnerungen.

Schmiede
100 kg Kram in einer 50kg Werkstatt (ISO 100 – 18 mm – ƒ/1.8 – 1/8 s)

2016, etwa ein Jahr nachdem ich angefangen hatte, mich ernsthafter mit der Fotografie zu beschäftigen, bat mich Phil, meine Kamera auf meiner nächsten Reise in die USA mitzunehmen, da er einige Fotos von seiner Werkstatt und seiner Arbeit haben wollte. Dem kam ich nur zu gern nach. Also packte ich meine Kamera, einige Objektive, Filter, externe Blitze und ein Reisestativ ein für die paar Tage, die ich nach unseren beruflichen Meetings bei ihm zu Hause verbrachte.

Bevor wir jedoch zum fotografischen Teil kommen, möchte ich Phil ein wenig über sich selbst erzählen lassen und darüber, wie er zur Schmiedekunst kam:

Ich habe in den späten 1970er Jahren mit dem Schmiedehandwerk begonnen. Mein bester Freund und Zimmergenosse arbeitete in der Deane-Schmiede in Colonial Williamsburg. Ich besuchte ihn oft und war begeistert davon, wie das heiße Eisen und der Stahl mit Hammer und Amboss zu komplizierten Formen geschmiedet werden konnten. Als in der Werkstatt eine Stelle frei wurde, ergriff ich die Chance. Ein paar Jahre später eröffnete ich meine eigene Schmiede, die ich einige Jahre lang führte. Heute schmiede ich nur noch in Teilzeit und arbeite in der IT-Branche. Zu meinen geschmiedeten Produkten gehören Beschläge für den Hausgebrauch wie Schlösser und Griffe, Scharniere und Verschlüsse für Fensterläden. Außerdem stelle ich Küchenutensilien wie Pfannenwender und Schöpflöffel her. Am meisten Spaß macht mir die Herstellung von Werkzeugen für andere Handwerker wie Hämmer, Meißel und Beile, aber auch Werkzeuge für andere Schmiede wie Zangen.

Was mir an der Werkstatt besonders gefällt, ist die Atmosphäre, die sie ausstrahlt. Sie ist wie eine kleine Welt für sich, in der Wetter, Zeit und alle Probleme, die man in der Außenwelt so hat, einfach keine Rolle spielen. Stattdessen haben die Dinge hier drinnen einen eigenen Charakter und laden den Betrachter zu einer Art Zeitreise ein, so wie es auch das Eisenbahnmuseum tut. Das wollte ich auch in meinen Fotos zum Ausdruck bringen, und so habe ich von Anfang an geplant, ihnen einen Vintage-Look zu verpassen.

Amboss, Hammer und Schmiede mit brennendem Feuer
Alles bereit für die Arbeit (ISO 400 – 20 mm – ƒ/2.8 – 1/500 s – Externer Blitz)

Apropos Eisenbahnmuseum: Dessen Motto ist ein Zitat, das unter anderem Jean Jaurès und Gustav Mahler zugeschrieben wird: “Tradition heißt nicht, die Asche zu bewahren, sondern das Feuer weiterzugeben”. Das gilt auch hier. Es ist das Schmiedefeuer, welches das Foto lebendig erscheinen lässt, das das Gefühl vermittelt, dass gleich etwas passieren wird, und dass es sich nicht nur um ein Stillleben mit einigen, möglicherweise vergessenen, Werkzeugen handelt.

Die Schmiede befindet sich im hinteren Teil der Werkstatt, auf der von den Fenstern abgewandten Seite. Um die flackernde Form der Flamme einfangen brauchte es eine kurze Verschlusszeit. Da das Umgebungslicht allein dafür nicht ausreichte, positionierte ich meine Blitze in der Nähe der Fenster, damit die Schatten zusammenpassen, und verwendete einen Funkauslöser. Die große Blendenöffnung sorgt dafür, dass genügend Licht vom Feuer eingefangen wird, und verleiht der Szene auch eine gewisse Tiefe.

Schmiedefeuer
Schmiedefeuer (ISO 400 – 18 mm – ƒ/1.8 – 1/4.000 s)

Das Fotografieren von Feuer ist eine große Herausforderung, da die Helligkeitsunterschiede zwischen dem heißesten Bereich am Boden und den Flammenspitzen sehr groß sind. Außerdem versagt hier die Belichtungsautomatik der Kamera. Ich musste mit den manuellen Einstellungen einiges ausprobieren, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Vor allem wollte ich die kürzeste Belichtungszeit, die meine Kamera unterstützt, verwenden um die Bewegung der Flammen einzufrieren und die sonst schwer fassbare Struktur des schnell brennenden Feuers einzufangen.

An die Arbeit

Sobald das Feuer heiß genug war, konnten wir uns an die Arbeit machen. Mit den externen Blitzen hellte ich die Umgebung so weit auf, dass ich kurze Verschlusszeiten wählen konnte um die Bewegungsunschärfe zu minimieren. Ich verwendete ein 18-35 mm Weitwinkelobjektiv sowie eine 50 mm Festbrennweite an meiner Canon 760D und bewegte mich in der Werkstatt umher, um verschiedene Perspektiven zu finden. Die größte Herausforderung bestand darin, die Helligkeit des glühenden Stahls und des Feuers im Hintergrund mit der umgebenden Szene in Einklang zu bringen.

Das kleine Detail, das ich am nächsten Foto am faszinierendsten finde, sind die Flammen, die aus dem Stahl schlagen. Was und wie hier gearbeitet wird, dazu möchte ich Phil noch einmal einige Hintergrundinformationen geben lassen:

Wie ich bereits sagte, hat mich an der Schmiedekunst von Anfang an interessiert, wie formbar Stahl und Eisen sind, wenn sie heiß sind. Man kann es leicht mit einem auf dem Amboss montierten Schneidewerkzeug, einem so genannten “Hardy Cutter”, schneiden. Es lässt sich leicht zu einer dekorativen Schnecke biegen und krümmen. Und man kann mit wenig Aufwand ein Loch in das Eisen stanzen.

Schmied schlägt glühenden Stahl mit einem Hammer auf dem Amboss
Heißes Abtrennen des Endes der Stange (ISO 100 – 24 mm – ƒ/4 – 1/10 s – Externer Blitz)

 

Schmied schlägt glühenden Stahl mit einem Hammer auf dem Amboss
Mit gezielten Schlägen wird das Ende eingerollt (ISO 400 – 50 mm – ƒ/1.8 – 1/500 s – Externer Blitz)

 

Schmied schlägt glühenden Stahl mit einem Hammer auf dem Amboss
Loch stanzen (ISO 400 – 35 mm – ƒ/1.8 – 1/250 s – Externer Blitz)

Schmiedeschweißen

Eine spezielle Fotoidee, die Phil hatte, war der Versuch, den Funkenflug beim Schmiedeschweißen einzufangen:

Die Verwendung von Eisen und das Schmiedeschweißen gibt es schon seit Tausenden von Jahren. Bevor es das Elektro- und Gasschweißen von Stahl und Eisen gab, wurden entweder das Schmiedeschweißen oder traditionelle Tischlermethoden (Zapfenstreich, Nieten) verwendet, um zwei Teile miteinander zu verbinden. Das grundlegende Verfahren besteht darin, den Stahl oder das Eisen auf eine schöne gelbe Farbe zu erhitzen, Flussmittel (Borax und Eisenfeilspäne) hinzuzufügen, das Material langsam auf Schweißtemperatur (1.100 °C) zu erhitzen, es schnell aus dem Feuer auf den Amboss zu bringen und es zusammenzuschlagen.

Wir hatten dies im Vorfeld besprochen und waren zu dem Schluss gekommen, dass das Hauptziel dieser Fotos – die heißen Funken, die in alle Richtungen fliegen – auch ein gewisses Risiko birgt: Sie könnten leicht die Frontlinse meines Objektivs beschädigen. Daher nahm ich zum Schutz einen preiswerten UV-Filter mit.

Um die Bewegung der Funken einzufangen, ist eine etwas längere Belichtungszeit erforderlich. Nach ein paar Testaufnahmen lieferte 1/10 Sekunde die vielversprechendsten Ergebnisse. Ich ließ die Kamera im Serienbildmodus eine Reihe von Fotos machen, während Phil wiederholt auf das Werkstück schlug.

Beim Schmiedeschweißen fliegen viele Funken
Schmiedeschweißen (ISO 100 – 18 mm – ƒ/4 – 1/10 s – Externer Blitz)

Da die Funken beim Auftreffen des Hammers auf den Stahl fliegen und er sich in dem Moment auch am schnellsten bewegt, bedeutet eine Verschlusszeit von 1/10, dass Bewegungsunschärfe auf der Hand und dem Hammer unvermeidlich ist. In dem Moment, in dem der Blitz auslöst, wird ein Geisterbild des Hammers eingefangen. Dadurch ergibt sich meiner Meinung eine gute Mischung aus der Darstellung der Bewegungen und dessen, was sich bewegt.

Beim Schmiedeschweißen fliegen viele Funken
Schmiedeschweißen (ISO 100 – 18 mm – ƒ/4 – 1/10 s – Externer Blitz)

Lufthammer

Der letzte Punkt auf der Fotoliste war der Lufthammer:

Maschinenhämmer gibt es schon seit geraumer Zeit. Die ersten wurden mit Wasser angetrieben, genau wie Mühlen zum Mahlen von Getreide und Sägen zum Schneiden von Holz. Zum Schmieden von großen Stahlteilen und auch zum wiederholten Schmieden von kleineren Werkstücken bieten sie eine einfachere Methode als das Schmieden von Hand. Der unten abgebildete Hammer ist ein Lufthammer, den ich selbst gebaut habe. Es war der vierte oder fünfte, den ich gebaut habe (die Leute kamen immer wieder in die Werkstatt, sahen die Lufthämmer, mochten sie und kauften sie). Der Hammerkopf wiegt etwa 34 Kilo. Die Luft wird von einem separaten großen Luftkompressor geliefert.

Auch bei dieser Aufnahme trägt die weit geöffnete Blende dazu bei, die Helligkeit des glühenden Stahls und der Umgebung anzugleichen und eine gewisse Trennung vom Hintergrund zu schaffen. Und wie beim Schmiedeschweißen half der Serienbildmodus dabei, den Moment einzufangen, in dem die Funken vom Werkstück fliegen.

Ein Lufthammer schlägt auf ein Stahlstück
Lufthammer (ISO 400 – 35 mm – ƒ/1.8 – 1/250 s – Externer Blitz)

Alles in allem hat mir das Fotoshooting in Phils Werkstatt, dem PARII, sehr gut gefallen. Dabei habe ich viel über das Zusammenspiel von Umgebungslicht und Blitzen sowie über das Einfangen bzw. Einfrieren von Bewegungen gelernt. Seitdem hat Phil seine Werkstatt erweitert, einen neuen Lufthammer angeschafft und noch ein paar Dinge mehr verändert. Ich freue mich darauf, diese Gelegenheit zu wiederholen, sobald die Pandemie mich wieder in die USA reisen lässt.

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