Symmetrie
Wie oft habe ich mich bei Landschaftsaufnahmen schon darüber geärgert, wenn irgendwo ein Strommast das Motiv verdirbt. Also warum nicht einfach mal den Spieß umdrehen und den Strommast selbst zum Motiv machen? Als Belohnung winken unerwartete Symmetrien.
Strommasten
Es gibt sie in allen Formen und Größen, und es gibt auch kaum einen Ort, wo man mal keinen sieht. Natürlich muss der Strom, den wir für immer mehr Dinge benötigen – Handys, Elektroautos etc. – auch irgendwie zu uns kommen, und über weite Entfernungen gibt es keine andere Möglichkeit als Überlandleitungen.
Verstärkt wird das Auftreten der Masten hierzulande dadurch, dass es zwei voneinander getrennte Hochspannungsnetze gibt: Zum einen den sog. Industriestrom, also Drehstrom (drei Leitungen pro Stromkreis) mit einer Frequenz von 50 Hz, mit dem letztlich auch alle Haushalte versorgt werden. Zur Übertragung werden Spannungen von bis zu 380 kV verwendet, was sich in der Größe der Masten und der Länge der Isolatoren zeigt.
Das zweite Hochspannungsnetz ist der Bahnstrom, mit dem die Oberleitungen der Eisenbahn gespeist werden. Dieser wird als Einphasen-Wechselstrom (zwei Leitungen pro Stromkreis) mit einer Frequenz von 16,7 Hz und einer Spannung von 110 kV übertragen, dementsprechend sind die Masten hier vergleichsweise kleiner.
Letztlich sind Aufbau und Verwendung solcher Freileitungsmasten eine Wissenschaft für sich; wer mehr darüber wissen will, kann auf Wikipedia anfangen such einzulesen. Aber was macht man jetzt als Fotograf damit?
Symmetrie
Wie schon an anderer Stelle hier geschrieben, bringt ein Wechsel der Perspektive oft ungeahnte Motive zum Vorschein. Bei Hochspannungsmasten ist das nicht anders.
Da die meisten Masten auf dem freien Feld stehen und auch für Wartungsarbeiten zugänglich sein müssen, sind sie zu Fuß meist gut zu erreichen. Bei einigen ist der Bereich zwischen den Mastfüßen mit Sträuchern und Bäumen zugewachsen, aber bei den meisten ist es kein Problem, sich darunter zu stellen.
Und hier offenbart sich dann die Vielfalt der verschiedenen Bauarten, je nach Spannung und Anzahl der Leitungen. Es macht auch einen Unterschied, ob es sich um einen Eckmast handelt, oder ob die Leitungen gerade über den Mast laufen.
Es ist übrigens tatsächlich gar nicht so einfach, genau die Mitte zu finden wenn man unter dem Mast steht, selbst wenn die vielen Streben und ihre Schnittpunkte gute Anhaltspunkte Orientierung bieten.
Um möglichst viel vom Mast einzufangen, empfiehlt sich auf jeden Fall ein Ultraweitwinkel-Objektiv, in meinem Fall das Tokina 11-20 mm. Natürlich kann man auch mit längeren Brennweiten den oberen Mastteil näher heran holen. Auf jeden Fall sollte man den Bildausschnitt nicht zu knapp wählen, damit man in der Nachbearbeitung noch Platz hat um Objektivverzerrungen und Perspektive zu korrigieren.
Bei diesen Bildern drängt sich ein quadratischer Zuschnitt geradezu auf. Mit den entsprechenden Werkzeugen in Adobe Lightroom Classic (oder einem anderen Bildbearbeitungsprogramm Eurer Wahl) lassen sich die Streben dann exakt gerade und parallel zu den Bildkanten ausrichten.
Das Ergebnis
Dieser Eckmast einer 380 kV Leitung findet sich bei uns auf dem Feld am Ortsrand. Bei fest jeder Rund mit unserer Hündin laufen wir daran vorbei – und das brachte mich letztlich auf die Idee, mir das mal aus der Nähe anzuschauen.
Sollte ich irgendwann einmal einen quadratischen Kalender machen, dann ist dieses Bilder ganz sicher mit dabei.