Tiere & Pflanzen

Pilze finden im Wald

Der Herbst lädt auf viele Weisen zum Fotografieren ein – nicht nur mit buntem Laub, sondern auch im Schatten unter den Bäumen, wo die Pilze schlummern.

Herbst im Wald

Herbstwald
Der Herbst lädt mit seinen Farben und besonderen Lichtstimmungen zum Fotografieren ein – und bietet viel mehr als nur bunte Bäume.

Wenn die Tage kürzer und die Nächte kälter werden, beginnt die (meiner Meinung nach) interessanteste Jahreszeit für Fotografen: der Herbst. Mit seinen besonderen Lichtstimmungen und den vielen bunten und leuchtenden Farben bietet er unzählige Motive. Wer dabei nur an Bäume denkt, vor allem an die Farbenpracht der vielen Ahorn-Arten, greift jedoch deutlich zu kurz. Gerade jetzt liegt die Schönheit oft im Verborgenen und man muss oft zweimal hinschauen, um sie zu finden: Pilze.

Es ist Anfang November 2023, und ich bin auf der Suche nach Fotos für den nächsten Kalender. Der oft beschworene “Goldene Oktober” ist dieses Jahr buchstäblich in Wasser gefallen. Seit Wochen regnet es nahezu durchgehend – später wird es in den Nachrichten heißen, es war der sechstnasseste Herbst seit Beginn der Aufzeichnungen. Ohne Sonne ist an Fotos von bunten Laubbäumen jedoch nicht zu denken – also was tun?

Wie so häufig stöbere ich auf YouTube und in diversen Foto-Blogs. Überall scheint es nur noch um ein Thema zu gehen, nämlich Pilze fotografieren, und das in allen denkbaren Variationen. Warum nicht? So gezielt hatte ich das bis dahin noch nie gemacht. Dazu kommt, dass die sehr abwechslungsreichen Wälder hier im Odenwald ideale Voraussetzungen bieten um eine große Vielfalt von Pilzsorten zu finden. Hier gibt es offene Buchenbestände, dichte Fichtenwälder, und vor allem auch viel Totholz, was bewusst im Wald belassen wird. Da ist das nasskalte Wetter ideal – für Pilze, wohlgemerkt, nicht für Menschen. Aber der Hund muss eh raus, also warum nicht einfach die Kamera mitnehmen?

Pilze finden und fotografieren

Fliegenpilz
Ein “normales” Pilzfoto: bei Tageslicht von oben fotografiert.

Pilze im Wald zu finden ist oft leichter gesagt als getan – zumal ich mich in der Regel an vorgegebenen Forststraßen und Wanderwege halte und nicht einfach querfeldein durch den Wald trotte. Doch mit der Zeit bekommt man ein Gespür dafür, wo sich bestimmte Sorten wohlfühlen. Bemooster Boden im dichten Schatten von Fichten ist so ein Beispiel, aber auch alte Baumstümpfe, oder im Halbschatten unter Farnen. Selten steht mal einer auf einer freien Fläche.

Hat man sie dann gefunden, stellt sich die nächste Frage: wie fotografiert man das nun am besten? Das klassische “oh guck mal, ein Pilz”-Foto mit dem vorhandenen Licht von oben hat halt eher dokumentarischen Charakter, taugt aber nicht unbedingt als Motiv für einen Kalender. Perspektive und Licht sind also zwei wesentliche Punkte.

Ich habe mir zu genau diesem Zweck zwei Dinge angeschafft: ein Mini-Stativ, was eine bodennahe, stabile Kameraposition ermöglicht und ein LED-Lichtpanel. Das hat eine Diagonale von 15 cm, ist also in etwa so groß wie ein Smartphone. Dank integriertem Akku kann man es frei benutzen und Helligkeit und Lichtfarbe nahezu stufenlos einstellen. Das Ziel war, die Pilze zum Leuchten zu bringen.

Ich habe dann auch relativ schnell die ersten Exemplare gefunden. Schön sehen sie ja aus, nur habe ich keine Ahnung, was ich da gerade fotografiere. Der Blick ins Internet gibt viele Antworten: Purpurfilziger Holzritterling, Perlpilz, Flämmling, Täubling, Trompetenpfifferling… Allein schon diese Namen! Dabei sehen sich viele Arten zum Verwechseln ähnlich. Die Nachfrage bei Freunden bestätigt: eine genaue Artbestimmung ist oft nur unter dem Mikroskop möglich. Daher versuche ich das hier gar nicht erst…

Ein wesentliches Mittel, um den Pilz vom Hintergrund freizustellen, ist die Schärfentiefe. Doch im Makro-Bereich kommt einem diese auch in die Quere, denn es ist oft schlicht nicht möglich, den gesamten Pilz in nur einem Foto von vor bis hinten scharf abzubilden. Selbst bei geschlossener Blende beträgt der scharfe Bereich oft nur wenige Millimeter. Die Lösung für dieses Dilemma lautet “focus stacking” – etwas, das moderne Kameras wie meine R7 inzwischen zum Glück selbständig beherrschen. Dabei wird das Objektiv auf den vordersten Punkt des Pilzes scharf gestellt. Die Kamera nimmt dann eine Reihe von Bildern auf – bei mir meist 20 – wobei bei jedem Foto der Fokuspunkt ein Stück nach hinten geschoben wird. Anschließend werden in Photoshop die einzelnen scharfen “Scheiben” des Pilzes zu einer einzigen, durchgehend scharfen Aufnahme zusammengerechnet.

Die Ergebnisse

Die folgenden Fotos sind bei einem einzigen, ausgedehnten Herbstspaziergang im Nieselregen entstanden. Jedes Bild ist aus 10-20 Einzelaufnahmen zusammengerechnet, um einen scharfen Pilz vor unscharfem Hintergrund zu erhalten. Die LED-Lampe wurde mal dezent, mal betont eingesetzt, und damit entweder ein natürlicher oder ein mystischer Look erzeugt.

Das erste Bild, die “Pilzlampe”, ist der November im 2024er Kalender.

Pilze im Wald
Durch die Beleuchtung von links unten wird der Pilz zur magischen Laterne und offenbart die Strukturen an seiner Unterseite (ISO 800 – 100 mm – ƒ/4 – 1/200 s).

 

Pilze im Wald
Genau hinschauen lohnt sich: Diese Winzlinge im Moos auf einem alten Baumstamm sind nur wenige Millimeter groß (ISO 3.200 – 100 mm – ƒ/6.3 – 1/200 s)

 

Fast sieht es so aus als hätte dieser Pilz versucht, das Grasbüschel vor dem letzten Regenschauer zu schützen, dessen Wassertropfen noch zu sehen sind (ISO 1.000 – 100 mm – ƒ4.5 – 1/160 s)

 

Pilze im Wald
Schief, schiefer, Pilz: An einem steilen Hang am Wegrand gefunden, macht der Winkel das Bild noch interessanter (ISO 320 – 100 mm – ƒ/2.8 – 1/160 s).

 

Pilze im Wald
John, Paul, George und Ringo: Vier Pilzköpfe im Rampenlicht (ISO 1.600 – 100 mm – ƒ/4 – 1/200 s)

 

Pilze im Wald
Im dichten Fichtendickicht sind dicke Fichten wichtig – denn sie bilden den Nährboden für Pilze wie diesen (ISO 500 – 100 mm – ƒ/4.5 – 1/160 s).

 

Pilze im Wald
Wo ein Wille ist… dieser Pilz hat sich an einem alten Baumstumpf den Weg durch das hohe Gras gebahnt (ISO 800 – 100 mm – ƒ/4 – 1/200 s).

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